Wenn das so weiter geht, braucht diese Forum bald ein "Kreativarbeiten" Subforum oder so xD
Wie gewünscht von Yuu Yamaguchi und Kiesele, hier eine meiner (unfertigen) Geschichten...
Ich bin allerdings nicht alleiniger Autor sondern schreibe mit noch jemand anderem, kein Forum-user^^
Porta Caelorum
Derzeitiges Inhaltsverzeichnis:
Fallender Stern
Das Erwachen
Entdeckt
Kapitel 4. (Name gesucht)
Kapitel 5. (wahrscheinlich "Aufgeflogen" - Name gesucht)
Kap5 Teil 2
Kaptiel 6. (in Arbeit, Name gesucht, noch nie Korrekturgelesen)
P.S. Verbesserungsvorschläge und Kritik erwünscht
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(Lob natürlich auch >_>)
Kapitel 4.
Endlich zuhause angekommen, fand der Bauer Kelenas in seinem Bett vor. Auf diesen Krücken musste das verstecken im Haus ziemlich anstrengend gewesen sein.
Mit den guten Fortschritten, würde Kelenas sie aber schon bald ablegen können. Arnold schätzte, dass Kelenas sie in 3 Tagen loswerden und er in 5 Tagen völlig gesundet sein würde. Morgen würden sie kurze Distanzen ohne Krücken üben.
An den Kleidern für Emil hatte der Bauer gut verdient. Fünfzig Bronzestücke hätte er nie verlangt und auch nicht erwartet. So schwer wie jetzt war sein Geldbeutel noch nie zuvor gewesen.
Vom ungewohnten Stress des heutigen Tages war er sehr müde geworden, also beschloss er, früh zu Bett zu gehen. Schon bald fiel er in einen unruhigen Schlaf.
Ein schwerer Sturm tobte ums Haus. Alle Wände schwankten bedrohlich und würden nicht mehr lange standhalten. Arnold, ein fünf Sommer alter, strohblonder Junge, saß zusammengekauert an einer Wand und zitterte am ganzen Leib. Er war allein. Vergeblich versuchte er zu schreien, doch seine Kehle war wie zugeschnürt; er versuchte zu weinen, doch seine Tränen waren schon lange versiegt. Er roch Gefahr in jeder Ecke, fühlte, dass es bald mit ihm zu Ende gehen würde. Kalter Schweiß rann in Strömen an ihm herab. Dann passierte es: Ein Blitz durchfuhr die Hausdecke und brennendes Holz und Stroh, welches noch nicht weggeweht worden war, stürzte auf ihn nieder. Kurz darauf brach die ganze Wand hinter ihm weg. Unter ihm tat sich ein Spalt auf, aus dem Flammen schlugen. Das lodernde Feuer züngelte nach ihm und brachte seine Haut zum schäumen. Er fiel. Er fiel immer weiter und weiter, direkt auf das flüssige Feuer zu, das sich unter ihm befand.
Schweißgebadet und kreidebleich erwachte Arnold. Seine Augen waren vor Schreck weit aufgerissen und er keuchte wild. Es war früher morgen. Bald würde der erste Hahn seinen Schrei erklingen lassen.
Noch nie zuvor hatte Arnold solch einen Traum gehabt.
Langsam richtete er sich auf und atmete tief durch. Als sein Herz sich fast beruhigt hatte, bemerkte er ein vertrautes kratzen vor der Tür. Kelenas war bereits wach und versuchte, den Boden mit einem alten Strohbesen zu fegen. Die groben Borsten waren nicht ideal. Sie erwischten nur den Schotter, der nach drinnen getragen wurde. Getrocknete Erde blieb einfach liegen und Staub verteilte sich gleichmäßiger über den Boden.
Arnold wischte sich den Schweiß von der Stirn und erhob sich aus dem Bett, das er sorgfältig glattstrich. Dann ging er zu Kelenas: „Guten Morgen.“, begrüßte er ihn freundlich. Der blonde Junge sah zu ihm auf und grüßte ebenfalls. Etwas besorgt besah er sich seinen Pfleger, der so bleich wie Kreide war. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, wollte er wissen, aber der Bauer antwortete nur: „Es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest.“ Dann bedankte er sich bei Kelenas für die Hilfe um anschließend aus dem Lager hinter dem Haus Gemüse zu holen.
Kelenas sah ihn noch eine kurze Weile nach und setzte seine Arbeit dann fort.
Später, als sie bereits gegessen hatten, versuchte sich der Engel am Laufen. Vorsichtig machte er einen Schritt nach dem anderen, doch nach fünf Schritten musste er sich wieder an die Krücken stützen, da er fast umgefallen wäre.
Der Vormittag verlief ruhig und Kelenas machte große Fortschritte. Bevor sie aufhörten, schaffte er bereits zwanzig wackelige Schritte, ohne die Stützen zu nutzen.
Doch als die Sonne sich langsam ihrem Höchststand näherte, läutenden im Dorf die Alarmglocken. Der Bauer schrak auf. War Kelenas etwa aufgeflogen? Doch was dann kam hatte er nicht erwartet.
Ein Reitertrupp stand vor den Toren des Dorfes und rief aus, dass sie nach einem Jungen suchten.
Pechschwarze Ritter saßen auf pechschwarzen Rappen. Die grausame Stimme des Hauptmannes war über das ganze Dorf hinweg, bis nach hinten zu Arnold Hartholz’ Hof zu vernehmen. Schnell rannte er in Richtung Zentrum des Geschehens. „„…Blonder Junge! Strahlend blaue Augen! Irgendeiner von euch muss ihn ja gesehen haben…!““ *Wie merkwürdig*, dachte der Bauer als er näher kam: *Die Stimme bleibt immer gleich laut!* „„…Auf der Stirn befindet sich ein Zeichen. Er müsste beim letzten Sturm aufgetaucht sein!““…
Je näher Arnold kam, desto klarer wurde die Stimme zwar, aber ihre Lautstärke blieb völlig konstant. „„…eine Belohnung von hundert Goldmünzen!““ Mittlerweile war der Bauer nah genug um die Neuankömmlinge klar zu erkennen. Von nah sahen sie noch schrecklicher aus als von fern. Sie umgab eine starke Aura aus Angst und Wahnsinn und in den Augen der Pferde brannte die ewige Glut der Hölle. Viele Dorfbewohner standen, bewaffnet mit Mistgabeln, Messern und allem was sonst noch verwendet werden konnte, vor dem düsteren Reitertrupp und machten keine Anstallten, diese zu senken.
Arnold kam direkt neben Emils Vater zu stehen. Als dieser ihn aus den Augenwinkeln erkannte, meinte er unsicher und ohne den Blick von der Gruppe vor ihnen abzuwenden: „Passt das nicht zu dem Fremden, den Emil beobachtet haben will?“ „Nein. Ich glaube nicht. Sagte Emil nicht etwas von einem brünetten Kind?“ Die Notlüge beschwichtigte vorerst die Unsicherheit von Emils Vater.
Fast eine Stunde waren alle Männer mittleren Alters am Tor versammelt und warteten, was die propagierenden Reiter tun würden. Die glühende Hitze jenes Sommer-Mittags machte ihnen allen zu schaffen und einige wunderten sich, wie die Ritter in ihren schwarzen Rüstungen völlig ohne Schutz vor der brühenden Hitze solange ausharren konnten.
Dann, endlich änderte sich die Botschaft:
„„Keiner? Kein Einziger hat ihn gesehen?
In fünf Nächten,
Und fünf Tagen,
Wird ein Sturm ziehen,
Über eure Lagen.
Zurück werden wir dann sein.
Schützer des Jungen werden bereuh’n.
Geber eines Falschen Tipps,
werden ebenfalls bestraft!
Geber eines richt’gen Rat’s,
Bekommen hundert gold’ne Chips!
Lebet wohl solang ihr könnt,
Und euch das Schicksal dies vergönnt.
Also muss ich euch warnen:
Die Apokalypse hält nicht vor euren Farmen!““
Mit dem letzten Wort drehten sich all die Reiter synchron um und ritten im Gleichschritt von dannen.
[FONT="]Kapitel 5.[/FONT] (Teil 1)
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Total verwirrt kehrte der Bauer zu seiner Hütte zurück, wo Kelenas ihn bereits erwartete. Verwundert sah er den alten Mann an, dessen Gesicht von Sorgen geprägt war. „Was ist geschehen?“, wollte der Junge wissen. Der Alte sah auf, als bemerkte er erst jetzt, dass der Junge da war. „Ähm...Es...Sag mal. Wirst du gesucht?“ Kelenas erschrak innerlich, was er aber zu verbergen versuchte. „Wäre möglich. War da jemand?“, antwortete er und versuchte dabei möglichst gelassen zu klingen. „Einige seltsame Reiter.“ In dem Körper des Engels krampft sich alles zusammen. „So? Reiter? Wie sahen die denn aus?“ „Das ist schwer zu sagen. Sie waren komplett in Schwarz gehüllt.“ Kelenas‘ Herz begann zu rasen. Das waren sie, daran gab es für ihn keinen Zweifel. Er hatte nicht erwartet, dass sie ihn so schnell aufspüren würden. In Gedanken versunken starrte er auf den Boden vor sich. Einige Ameisen schleppten gerade einen toten Käfer mit sich mit. Fragend sah der Bauer den Jungen an. „Kennst du sie?“ Der Blonde schüttelte nur den Kopf. „Noch nie gesehen. Habt Ihr ihnen gesagt, wo ich bin?“ Der Alte seufzte. „Nein, das habe ich nicht. Mach dir also keine Sorgen.“ Der Mann schenkte dem Jungen noch ein freundliches Lächeln und ging dann an ihm vorbei. Kelenas sah ihm nach und atmete dann auf. Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl. Diese Kreaturen wussten nun, wo sie ihn fanden. Sie werden nichts unversucht lassen, ihn in ihre dreckigen Finger zu bekommen.
Drei trügerisch friedliche Sonnenaufgänge hatten ihr Licht farbenfroh und kurzweilig über dem Land zur Schau gestellt, seit dem das Ultimatum verhängt worden war. Das ganze Dorf hatte mitgeholfen, auf das Wiederkommen der Reiter vorzubereiten. Die Männer bauten Wälle und schmiedeten Waffen, soweit sie die Materialien dazu hatten. Frauen verriegelten die Häuser und suchten gute Verstecke, die einerseits schwer zu finden sein würden und andererseits leicht zugänglich waren, sodass man deren Inhalt leicht in Sicherheit bringen konnte. Jene Kinder, die bereits alt genug waren, bestellten währenddessen die Felder. Die Jüngeren waren ziemlich auf sich alleine gestellt.
Kelenas hatte es in der Zeit nicht leicht. Ständig kam Emil zu Besuch und hielt nach ihm Ausschau. Nur mit Mühe und etwas Hilfe vom Bauern schaffte er es, unentdeckt zu bleiben und manchmal war er sich gar nicht so sicher, ob Emil ihn nicht doch gesehen hatte.
Kelenas’ Wunden heilten schnell. Dennoch machten seine Beine ihm manchmal noch Probleme, vor Allem wenn er schneller gehen wollte.
Heute erfuhr er etwas, das er nur aus Erzählungen von Weitgereisten seiner Art kannte, die sich unbemerkt unter andere Völker gemischt hatten: Engel trugen ihre Flügel normalerweise ausgeklappt. Schon im Mutterleib waren sie zu erkennen. Während der Geburt wurden sie das erste Mal eingezogen um mit dem ersten Tropfen Milch wieder heraus zu kommen. Dann versuchen sie es tunlichst zu vermeiden, sie wieder zurückzunehmen. Es war einfach nicht sehr angenehm. Wenn man längere Zeit ohne Flügel auskommen musste, fingen die Schulterblätter an zu Jucken. Nach und nach würde sich dieses Jucken über den ganzen Körper ausbreiten und immer schlimmer werden. Laut jenen Erzählungen hielt man es nach beginn des Juckens beim ersten mal drei Tage aus. Kelenas’ Gefühl rechnete eher mit drei Stunden. Er traute sich allerdings nicht, sie erscheinen zu lassen, weil um diese Zeit des Tages meistens Emil vorbeischaute und es eine Weile dauerte, bis Kelenas in seiner momentanen Lage sich wieder halbwegs normal bewegen und noch länger bis er sie wieder verschwinden lassen konnte. Er war sich sicher, dass Emil es bald schaffen würde, auch den letzten Trick des Bauern zu umgehen. Er schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, Kelenas aufzuspüren.
Und er sollte Recht behalten.
Als der Engel wieder einmal seine Gehübungen vor der Scheune machte, sah er den Jungen einmal mehr auf den Hof zuschlendern. Schnell verkroch er sich in dem Bauwerk aus groben, dunklen Holzbrettern und hielt sich in der Nähe des Notausgangs auf, den der Bauer sicherheitshalber für ihn gemacht hatte. Es handelte sich um eine von Innen verschließbare Klappe, die hinter ein paar Fässern und Kisten, gefüllt mit Gebrauchsgegenständen, versteckt lag.
Rasch verkroch sich Kelenas hinter den Kisten und spähte durch einen Spalt in der Holzwand nach draußen. Der Bauer hatte den Jungen wieder einmal abgefangen und schien mit ihm zu reden. Was er aber sagte, konnte der Engel nicht verstehen. Er hoffte nur, dass es der Bauer weiterhin schaffte, den Jungen von der Scheune fern zu halten.
Tatsächlich hatte Arnold jede Mühe, Emil abzulenken. Langsam kam der Bauer an die Grenzen seiner überstrapazierten Phantasie.
Emil hingegen war heute fest entschlossen, sich nicht abwimmeln zu lassen. Er wollte nochmals mit diesem Jungen reden. Diesmal würde der Bauer ihn nicht loswerden. Ständig spähte er in Richtung Scheune, in der er Kelenas vermutete, und hörte dem alten Mann nicht einmal richtig zu. Irgendwas von großen Ratten redete er, die er erst beseitigen müsse, bevor man sie betreten könne. Das Kind war fest davon überzeugt, gesehen zu haben, wie ein Blonder Junge vorhin darin verschwunden war.
Kelenas ertappte sich dabei, wie er sich die Haut von seinen Schulterblättern schälen wollte. Ganz schlechter Zeitpunkt. Jeden Moment könnte Emil ihn finden.
Diesmal hatte Emil einen Plan ausgetüftelt: Er hatte sich mit den ältesten Kleidern, die ihm gerade noch passten, die Milchkanne ohne das Wissen seiner Eltern geschnappt und sich dann in der sumpfigen Erde, etwas tiefer im Wald, der den Hof Hartholz vom Besitz seiner Eltern in einem schmäleren Streifen trennte, gewälzt, nein, gesuhlt. Er hoffte, Arnold würde ihn wieder baden.
Der Bauer ahnte bereits, dass es diesmal ein Trick war, doch wenn er ihn einfach so nach Hause schicken würde, würden seine Eltern garantiert Verdacht schöpfen.
Schon wieder! Kelenas biss sich auf die Zähne. Das half einwenig.
„Komm mit!“, meinte Arnold in einem auffällig unauffälligen Tonfall. Emil wusste sofort, dass der Bauer den Trick durchschaut hatte.
Zielstrebig ging der Bauer auf sein Haus zu, bereit, Emil zu stoppen, sollte er wo anders hingehen.
Das erste Mal, seit sie sich kannten, ließ sich der Bauer bei jedem Schritt, das Bad vorzubereiten, helfen. Emil half, die Holzwanne zu tragen – Arnold hob nur soviel Gewicht, dass das Kind den Rest gerade so tragen konnte.
Emil half, das Wasser zu besorgen – Hier konnte er erstaunlich viel tragen. Er war es wohl von der vollen Milchkanne, die er ab und zu schleppen musste, gewohnt.
Und Emil „durfte“ auch helfen, das Wasser zum Kochen zu bringen. Er liebte es, mit dem Feuer zu spielen – es hatte etwas reizvolles, gefährliche Kräfte zu kontrollieren. Doch im Moment hatte er keinen Kopf dafür.
Schnell badete er sich und als seine viel zu kleinen Kleider wieder trocken waren – Arnold hatte ihm diesmal keine neuen gefertigt – tat er so, als würde er gehen.
Doch kaum war er im Wald, ging er durch diesen um das Grundstück herum.
Arnold gab Kelenas indessen ein Zeichen. „Das wurde aber auch Zeit…“ Meinte dieser, mit verkrampftem Gesicht. Unter dem kratzigen Hemd, das der Bauer ihm gegeben hatte, waren seine Schulterblätter geschwollen und rot. Wenn er sich nicht zurück hielt, würde er sie blutig kratzen.
Emil versteckte sich hinter einem Busch. Er war schon zuvor nach angeblichem Abschied wieder zurückgekommen. Deswegen würde der blonde Junge sicher den Hinterausgang nutzen.
Vor der Scheune wartete Arnold auf Kelenas, als er plötzlich den Schrei hörte. In einer Sekunde durchfuhren in hunderte Gedanken. Kein einziger davon gefiel ihm.
Schnell lief er zum Geschehen. In diesem Moment wurde Kelenas’ Kopf über der Scheune sichtbar. *Verdammt!* Zum Glück verharrte der Engel so in der Luft und niemand würde ihn so leicht sehen…
Langsam sank Kelenas wieder zum Erdboden. Sanft setzte er auf, nur einen halben Meter vor Emil. Er dachte gar nicht mehr daran, sich nochmals zu verstecken. Breit grinsend und kein bisschen überrascht blieb Emil stehen und wartete. Indessen tauchte hinter der Scheune der Bauer auf. Kalter Schweiß rann ihm in Strömen von der Stirn. *Was machen wir jetzt?*
Mit ruhiger Miene schaute Kelenas direkt in Emils Augen. „Emil.“
Der Bub verbeugte sich übertrieben: „Mein Prinz.“ Vor Überraschung weiteten sich die Augen des Engels: „Woher…“ „Neyxon und Xanythia haben mir von dir erzählt. Und dass Himmel und Hölle in Bewegung sind, nur um dich zu suchen!“ Dunkel erinnerte sich Kelenas an den totlangweiligen Diplomatieunterricht und an Völkerkunde. Xanythia musste ein sehr hochrangiger Naturengel sein… Vielleicht die Prinzessin des Feenreiches. Auch Neyxon kam ihm verschwommen bekannt vor…
Egal. Jedenfalls war es mehr als unwahrscheinlich, dass Emil die beiden kennen konnte. Andererseits würde es einige Dinge erklären…
„Na das ist eine dicke Ratte, die sie da entfernen müssen.“, erdreistete sich Emil zu Arnold. Der antwortete nur stoßweise: „Emil… Wir müssen… reden… jetzt!..“
Eine Minute später saßen Arnold, Kelenas und Emil gemeinsam am Esstisch. Nervös trommelte der alte Mann mit einem seiner dürren, knochigen Finger auf die Tischplatte und sah den kleinen Jungen vor sich streng an.
„Emil, du musst uns versprechen, dass du keiner Menschenseele davon erzählst, dass Kelenas hier ist.“, meinte er nach einigen Sekunden der Stille. „Warum?“, fragte der Junge. Natürlich konnte sich Emil den Grund bereits denken, doch er wollte den Bauern noch ein wenig ärgern. Nur selten bekam er die Gelegenheit dazu, also warum sollte er diese Chance verstreichen lassen?
„Du weißt genau, warum du das nicht weitersagen darfst Emil. Nicht einmal deine Eltern dürfen das wissen.“, antwortete der Bauer, der sich nicht auf das Spiel des Jungen einlassen wollte. Fremde waren hier grundsätzlich nicht willkommen und Nichtmenschen schon gar nicht, besonders nach dem Auftritt dieser seltsamen Gestalten. Jeder würde Kelenas davon jagen oder, noch schlimmer, an diese Kreaturen ausliefern. Der Bauer wusste zwar nicht, was sie waren, aber Menschen waren es nicht, dafür würde er seine Hand ins Feuer legen. Sie hatten eine so gewaltige und unheimliche Ausstrahlung, dass ihm alleine bei dem Gedanken an sie ein kalter Schauer über den Rücken lief.
Dennoch hätte er es nie übers Herz gebracht, seinen Schützling an sie auszuliefern.
„Ja, ja.“, meinte Emil etwas enttäuscht, weil der Bauer nicht auf seine Aussage reagiert hatte, wie er es erhofft hatte. „Nicht ‚Ja, ja’, Emil. Du darfst keiner Menschenseele sagen, das Kelenas bei mir wohnt, verstanden?“
Kurz dachte der Junge darüber nach, willigte dann aber ein. Er hatte sowieso nicht vorgehabt, es dem Dorf zu erzählen. Die würden ihm ohnehin nicht glauben.
Erleichtert atmete Arnold auf. Ein Stein fiel ihm vom Herzen, als das geklärt war. Der Kleine redete zwar gerne, doch er hielt auch seine Versprechen ein. Zumindest war das bis jetzt immer so gewesen.
Schließlich wandte er sich an Kelenas: „Warum behältst du deine Flügel jetzt draußen?“, wunderte er sich.
„Es ist nicht natürlich für unsereins, seine Schwingen über längeren Zeitraum eingezogen zu haben… Zu Zeiten, vor unserer Kultur, als wir noch mehr Tier waren, haben wir sie nie verschwinden lassen. Als unsere Flügel an Größe zunahmen, haben sich zusammen mit unserer Kultur auch der Geburtsentflügelungs- und der Milchflügelreflex gebildet. Natürlicherweise wäre ersterer die einzige Situation, bei der wir nicht fliegen können. Die spätere Kontrolle über diese Reflexe ist relativ schwer zu erlangen und die Schwingen längere Zeit eingefahren zu haben ist nicht gerade gesund: Nach einer Weile beginnt der ganze Körper zu Jucken, bis man sich entweder zu Tode gekratzt oder die Flügel wieder ausgefahren hat. Das geschundene Gewebe muss sich dann erstmal erholen, bevor man wieder Kontrolle über die Reflexe hat.“, rezitierte der Engel trocken aber mit erleichtertem Unterton.
So viel Information hatte sich Arnold Hartholz nicht erwartet, schon gar nicht in Hörweite von Emil, doch anscheinend vertraute auch Kelenas auf das Versprechen des Kindes.
Der Rest des Tages verlief ruhig. Kelenas machte weiter seine Gehübungen und konnte nun, mit dem wesentlich gewohnteren Schwerpunkt, ohne Gehhilfe wieder fast alles machen, was zuvor einige Mühe bereitet hatte. Jetzt, da es egal war, spielte er sogar mit Emil Fangen und Verstecken. Letzteres beherrschte der Kleine so gut, dass Kelenas seine Meinung ändern musste: Es war äußerst unwahrscheinlich, dass Emil die beiden Elfen NICHT kannte. Egal wo der Cherub sich auch versteckte, Emil fand ihn. Je gefinkelter die Verstecke waren, desto schneller wurde er scheinbar gefunden. Am späten Nachmittag schließlich, ging Emil in den Wald – nicht zu seinem Elternhaus sondern genau in die andere Richtung: *Keiner MENSCHEN-Seele haben sie gesagt, richtig?* Mit diesem Abschied kam auch die Realität wieder: In wenigen Tagen würde das Ultimatum enden. Was dann?
Dunkle, schwere Wolken glitten über den Himmel und verdeckten die untergehende Sonne, die ihre letzten wärmenden Strahlen auf die Erdoberfläche sandte. Der Wind war stärker geworden und trieb das Unwetter vor sich her in Richtung des Dorfes. Die Bäume wurden unruhig hin und her gebeutelt und verloren einige ihrer Blätter, die wirbelnd fortgeblasen wurden. Immer wieder zuckte kurz ein Blitz vom Himmel herab und erhellte die Gegend für den Bruchteil einer Sekunde in einem schaurigen, weißen Licht.
In dem Dorf herrschte eine grimmige Stimmung. Mit düsterer Miene griffen die Männer zu Mistgabeln, Messer und allem, was sonst noch irgendwie als Waffe dienen konnte. Die Jäger nahmen ihre Bögen zur Hand, um die Reiter von der Ferne aus von ihren Rössern schießen zu können. Kinder und Frauen flohen in das innere der Hütten, um sich dort zu verstecken und wer einen Keller hatte, verkroch sich dort und verrammelte mit allem, was nicht niet- und nagelfest war, die Türen.
Auch Arnold ergriff eine Heugabel, die er in den letzten Tagen so gut er konnte, angespitzt hatte. Er hoffte, es würde reichen, wenn die Reiter sahen, dass sie in der Überzahl waren, um sie zum Rückzug zu bewegen. Immerhin waren es vor fünf Tagen nicht allzuviele gewesen. Falls es aber doch zum Kampf kommen sollte, dann wollte er sich zumindest ordentlich zur Wehr setzten können. Diese angespitzte Heugabel war eine gefährliche Waffe, selbst für jemanden, der eine Rüstung trug. Damit würde er die Angreifer ordentlich in Schach halten können.
Kelenas beobachtete den Bauern bei dessen Kampfvorbereitungen. Der Junge war zwar nicht im Dorf gewesen, hatte es der Bauer ihm doch verboten, aber Emil war gesprächig wie immer gewesen und hatte ihm vom emsigen Treiben im Dorf berichtet. Dieses Verhalten machte den Engel ganz nervös. Schon mehrere Male hatte er es in Erwägung gezogen, einfach zu verschwinden, doch er brachte es einfach nicht übers Herz, seinen Retter im Stich zu lassen. Er hatte sich wirklich gut um ihn gekümmert. Es wäre nicht fair, ihn in dieser schweren Situation im Stich zu lassen, besonders da es in diesem Kampf um ihn allein ging.
Irgendwann hielt er es nicht mehr aus, tatenlos herumzusitzen und nichts zu tun. Um sich abzulenken, holte er sein Schwert hervor, das er die ganze Zeit unter dem Bett versteckt gehalten hatte. Zuvor hatte der Bauer es nach bestem Wissen gereinigt.
Mühsam kroch Kelenas unters Bett und legte seine Flügel so eng an wie er nur konnte. Als er es dann endlich wieder in Händen hielt, schwang er es und bemerkte zu seiner Zufriedenheit, dass sein Schwertarm wohl wieder vollständig geheilt war. Nur seine Beine machten ihm immer noch einwenig zu schaffen.
Behutsam strich Kelenas über die Runen, die von Meisterhand in die Klinge des Schwertes eingearbeitet worden waren und fühlte dabei auf die kleinen magischen Impulse, die durch seine Fingerspitzen fuhren.
Wenn er wollte, dass das Dorf diesen Kampf überstand, musste er selbst dafür sorgen. Die behelfsmäßigen Waffen der Dorfbewohner würden nur wenig anrichten können.
Lautes Donnergrollen unterbrach seine düsteren Gedanken. Plötzlich berührte ihn etwas am Rücken. Reflexartig fuhr Kelenas in einer einzigen Bewegung herum und hielt seinem Gegenüber die Schwertspitze unter die Nase.
Der völlig erschrockene Emil wich zwei Schritte zurück. Im scharfen Kontrast eines Blitzes, wurde der Ausdruck in Emils Gesicht zu einer dämonischen Fratze. Eine endlose Sekunde lang. Dann war es vorbei. Kelenas senkte seine Klinge und fuhr den Buben, selbst erschrocken, an: „Was willst du denn hier?“
„I…Ich bin hier u-um dir zu sagen, dass Xanythia dir ihre volle Unterstützung zusichert.“
Fassungslosigkeit weitete Kelenas’ Augen. „Du hast ihr von mir erzählt?“, seine Stimme wurde sehr ruhig, „Du hast doch versprochen, niemandem etwas zu sagen!“
„Nein, Kelenas. Ich habe lediglich mein Wort gegeben, keiner Menschenseele etwas zu verraten. Erinnere dich.“ Als Emil sich wieder gefasst hatte, stahl sich der Hauch eines verschmitzten Lächelns auf sein Gesicht – zu subtil für einen Vorwurf, jedoch zu offensichtlich um es zu ignorieren.
Plötzlich fiel Kelenas auf, dass er alles überspitzt wahrnahm. Irgendetwas stimmte nicht. Der Engel befürchtete schlimmes. „Sag mal, Emil, abgesehen von den bevorstehenden Ereignissen, sind dir die Leute im Dorf heute gereizter vorgekommen als normal?“
Kurz nachgedacht, bestätigte das Kind mit einem Nicken.
„Hmm… Denk mal nach: Warst du selbst auch gereizter als gewöhnlich?“
„Ja, allerdings…“, Emils Tonfall wurde nachdenklich.
„Gut – nein, gar nicht gut… Kannst du Xanythia etwas von mir Ausrichten?“
„Natürlich.“
„Pass auf: Ich befürchte, dass das da draußen kein gewöhnlicher Sturm ist. Es ist schon die erste Angriffswelle auf das Dorf: Ein magisch herbeigerufenes Gewitter: Das Wetter spiegelt auch das wieder, was in den Herzen der Menschen passiert! Düstere Gedanken, Hoffnungslosigkeit und Trauer aber auch Zorn, Wut und Hass – all das wird in diesem Moment in uns allen entfacht. Xanythia soll ihr bestes Versuchen, einen Gegenzauber zu sprechen. Sonst ist der Kampf bereits verloren.“
„OK, ich werde es ihr sagen.“, antwortete der Junge und verschwand im nächsten Moment aus dem Haus.
Während dessen hatte das Unwetter bereits das ganze Dorf in seiner Gewalt. Jeder spürte einen mächtigen Druck auf seiner Seele lasten und es fiel schwer, an einen Sieg zu glauben. In den Hütten begannen die wenigen Säuglinge, die es gab, angsterfüllt zu weinen und raubten ihren Müttern dabei noch weitere Nerven. Die Stimmung war überall auf dem Tiefpunkt, doch trotzdem dachte keiner daran, aufzugeben, noch bevor der Kampf überhaupt begonnen hatte. Immer weiter spitzen sie Pfeile und Heugabeln, schärften alte Schwerter, Sensen und Messer. Keiner dachte an einen Rückzieher, denn dafür war es bereits zu spät. Es war nur noch eine Frage von wenigen Stunden, bis diese seltsamen Reiter bei ihnen auftauchen würden und sie hatten den gesuchten Jungen nicht. Es blieb ihnen nur noch der Kampf, wenn sie überleben wollten.
Der Bauer machte sich, nachdem er fand, dass seine Heugabel spitz genug war, ebenfalls auf den Weg ins Dorf. Als Kelenas sah, dass der Alte das Haus verließ, rannte er ihm hinterher, um sich ihm anzuschließen, wurde aber von Arnold aufgehalten. „Es ist besser, du bleibst hier.“, meinte er ernst, „Diese Reiter sind hinter dir her und wenn dich die Bewohner sehen, würden sie dich ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Bleib in meiner Hütte und versteck dich lieber.“
Hab mal angelesen und das ist echt super ^^ werd mir das morgen oder am samstag komplett durchlesen und dann gibts ne ausführlichere rückmeldung ^^
Danke
Das sind übrigens ~20 A4 Seiten...